Vittoria Colonna

1490 - 1547

 

In Übersetzungen von

Bertha Arndts

 

 

Aus dem Anhang zur zweiten Abteilung

der Ausgabe von Visconti

 

 

 

I. – An den Marchese del Vasto,

       als er in den Krieg gegen die Türken ziehen wollte.

 

Von Kampfesmuth, von heil’ger Lieb’ entzündet,

Willst Edler nun den festen Fuß Du wenden,

Um Jesus zu entreißen Feindes Händen,

Wo Lorbeer Dir sich um die Schläfe windet.

 

Mög’ mein Gebet, so heil’gem Zweck verbündet,

Erhörung finden nun, Gott Hülfe senden

Für Dich, o Held, daß er mit Schmach die Lenden

Des Feindes deckt, den Stolz und Trotz verkündet.

 

Und dem Triumph sich andre noch gesellen:

Die Flüße werden sich, die Berge zieren

Mit Deinem ruhm, den ewig sie bekennen;

 

Hätt’ meine Sonne auch erobern können

Der Welten tausend noch: den Lauf, den schnellen,

Vermagst als Erbe Du nur durchzuführen.

 

 

II.

 

Ein Himmelskleinod, strahlend aus dem Grunde

Der Seele tief, vor aller Gaben Größe

Ist Herzensfreiheit, die in heil’ger Blöße

Ganz Gott geweiht, ihn ehrt zu jeder Stunde.

 

Im eignen Willen ja das Ungesunde,

Der Irrthum liegt; es wirkt in Gott ergossen

Ein reiner Sinn von selbst, was  Er beschlossen,

Das Gute nur, mit Liebe stets im Bunde.

 

Wohl großen Lohn empfängt der arme Blinde,

Wenn von gesundem Führer läßt die Wege

Sich weisen er und reicht ihm Hand und Willen:

 

Hartnäckig doch und blinder als der Blinde

Wir kämpfen selbst in dunkelem Gehege,

Daß uns der Sonne Glanz nicht kann erfüllen.

 

 

III.

 

Mit Freuden hör’ ich, daß das Dickicht weicht

Von Deiner Brust, die irrthum noch bedeckte;

Daß durch’s Gezweig, nach dem Dein Arm sich streckte,

Das Dir entzog’ne Licht sich wieder neigt;

 

Und nun sich aufwärts wendet, frei und leicht,

Die schöne Seele, manchmal hingegeben

Schon dieser Welt arglist’gen Truggeweben;

Daß weißem Rath sie willig nun sich beugt.

 

Und weil den Rücken Du dem Pfad gewandt,

Dem düstern, schlüpfrigen: ich hoffe, nimmer

Wirst Du’s beschämte Antlitz dahin richten;

 

Vielmehr voll Muth das vielverschlung’ne Band,

Das Dich mit trübem Netz umspannt, dem dichten,

Mit freier Hand zerschneiden nun auf immer.

 

 

IV. – Auf den Tod des Kardinals Contarini

 

Kaum erst, und nur von fern herübernicken

Sah ich der Hoffnung grünes Reis, so schwach,

Daß Thräne nicht noch Schmerz sich an ihm brach,

Als schon der neid’sche Tod es mußt’ zerknicken.

 

So wog der Seele Werth in den Geschicken,

Die reich an Tugend keinem Streich erlag,

Nun ihre Erdenhaft mit Muth zerbrach,

Um dort an sicherm Stand den Kranz zu pflücken:

 

Daß, theurer Heimath Stolz, die Tiber zieren

Sie konnt’ mit altem Ruhm, um den ersehnten,

Den lang gehofften Tag herauf zu führen,

 

Wo endlich Mühe reicht zu ihrem Lohne,

Und wir die ganz Beglückten, Allversöhnten,

Geschirmt uns einten dann an Petri Throne.

 

 

V.

 

Der Flamme Ursprung und ihr Ziel, der heil’gen, -

Die mir durchwirkt das Herz mit Gottes Kraft,

In seiner tiefsten Zelle brennt und schafft,

Ohn’ jener äußern doch sich zu betheil’gen –

 

Gibt, daß durch Gnade ich kann unterscheiden:

Wie nimmer nun mir inn’rer Muth erschlafft,

Wie an erneuter Gluth sie ihn erschafft,

Weil ich vom Urgrund kann mich nicht mehr scheiden.

 

D’rum die Gedanken sollten stets gelenkt

Zum schönen Feuer sein, das sie verbraucht,

Um sie in höherm Leben zu erneuern.

 

In Seiner Weisheit Born doch niemals schenkt

Auch leisen Einblick nur selbst Seinen Theuern

Der Herr des Heils, bis sie den Geist verhaucht.

 

 

VI.

 

Als wog gerechter Gott mit ew’ger Wage

Das Los der Welt, sie zu befrein in Hulden:

Zum Grunde schwer die sinkt mit unsern Schulden,

Und leer und bloß die andre steigt zu Tage.

 

Auf daß gerecht Gericht sich selbst entsage,

Wollt’, aufzuwägen also schwer Verschulden,

Der zweite Adam, Gottmensch, für uns dulden,

Daß sein Verdienst die Schande überrage.

 

Durch demuthvollen Tod wir sind unsterblich,

Und tausend lichte Schaaren vor uns ziehen

Den Himmelssteig, wo Gottes Auen blühen.

 

Sein Beispiel nun ist all den Seinen erblich;

Er lichtet uns die wolkenschweren Träume,

Auf daß des Vaters Glanz auch uns umsäume.

 

 

VII.

 

Seht! zu erfrischen Euch, Ihr Auserwählten,

Rinnt aus des Himmels leuchtenden Krystallen,

Mag’ heimlich er in stillen Tropfen fallen,

Der ew’gen Güte Thau, den Gottbeseelten!

 

Ein Tropfen da wohl gf’nügt, von ungezählten,

Zu wandeln Bitterkeit, die wir durchwallen,

Zu löschen Durst, den trüglichen, uns Allen,

Der reizt die Lust, in der zuerst wir fehlten.

 

Weil eingepflanztes Übel doch verwehret,

Daß selbst der Liebesquell aus heil’ger Seite

Für immer reiniget die Welt von Flecken:

 

So flehet Ihr, daß doch wie sonst belehret

Des Himmels Ruf die Menschen auch noch heute,

Daß sie aus trägem Schlaf er möge wecken.

 

 

VIII.

 

Dein zarter Sprößling noch in weicher Hülle

Zeigt tausend Blüthen schon im Flügelkleide,

Vertraun gibt er den Seelen, Augenweide,

Daß Großes einstens sich an ihm erfülle.

 

Doch wird gestatten mir des Himmels Wille,

Daß ich erschau’ die lichte Frucht in Freude:

Noch eh’ der Flaum die Frische Wang’ umkleide,

Sieht Rom mit Stolt auf der Entwicklung Füklle;

 

Nicht nur Fabricius, des großen, Namen

Er trägt, - in Wort und Thaten auch der gleiche,

Folgt er dem seltnen Beispiel, treu dem Samen.

 

D’rum laß die edle Seele Dein sich freuen

Des Sohnes, Herr, da aus dem Himmelreiche

Viel lichte Gaben Dir in ihm sich weihen.

 

               * An ihren Bruder, in Bezug auf dessen Sohn Fabricius,

                 der den Namen ihres Vaters erbte.